German Desk Rundschreiben

Erste Ausgabe – August 2022

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicherlich wissen, ist das Team unter der Leitung von Frau Mevlüde-Aysun TOKBAG, bestehend aus mehrsprachigen Rechtsanwälten mit internationalem juristischen Background, geschlossen zu neuen Ufern aufgebrochen und verstärkt seit dem 1. Juni 2022 die Luxemburger Kanzlei KLEYR GRASSO.

Unter neuer Flagge wird der German Desk mit den Synergien zwischen den einzelnen Praxisgruppen nun genutzt, um der Mandantschaft aus der D-A-CH Region eine qualitativ hochwertige sowie rechtsbereichsübergreifende Beratung aus einer Hand anzubieten.

Die letzten Monate haben den luxemburgischen Markt in der Tat auf Trapp gehalten:

Während in den Vorjahren insbesondere das Thema MiFID die Fonds- und Finanzindustrie weiter näher rücken ließ, so glänzten 2021/2022 eher durch Themen wie ESG / AIFMD-Update/Auslagerung / FinTech.

Viele dieser neuen Themen haben gezeigt, dass beide, Fonds- und Finanzindustrie immer weiter reguliert werden. Covid relevante Regelungen, aber auch gesellschaftsrechtliche Neuerungen, wobei letzteres insbesondere die Basis und Grundlage aller Rechtsindustrien darstellt, haben das Weitere dazu getan. Gab es Regelungsanpassungen bei einem Gesetz, so wurde davon nicht nur ein Rechtsgebiet betroffen, sondern fast schon zwingend mindestens ein Weiteres.  Wie man diese Verflechtungen interpretiert, sei vorliegend dahingestellt. Fakt ist: die Konsolidierung der Rechtsgebiete nimmt immer weitere Formen an – während man noch vor einigen Jahren von der Konsolidierung der Bankenindustrie sprach, so spricht „Frau“ nun von der Konsolidierung der Finanz- und Fondsindustrie.

Weiter aber: Nach den COVID-19 bedingten (Übergangs-)Maßnahmen steht unter anderem ESG auf der Tagesordnung. Die aktuelle Energiekrise führt zu heftigen und teils verbissenen Debatten, über die (weitere) Nutzung fossiler Energieträgern und der Atomenergie, so dass die Klimaschutzziele, das Umlenken von privaten Kapitalströmen in nachhaltige Investitionen und damit die Taxonomie nach wie vor im Rampenlicht stehen.

Eine weitere Großbaustelle, die erhebliche Investitionen der Akteure erfordert, ist die Digitalisierung der Finanzbranche. Die EU ist auch in diesem Bereich bestrebt die Akteure fit für die sich verändernden Marktbedingungen zu machen und ein Mehr an Konkurrenz durch FinTechs zu ermöglichen. Das Innovations- und Wettbewerbspotenzial des digitalen Finanzwesens soll weiter erschlossen und gefördert werden, unter Berücksichtigung der hiermit einhergehenden Risiken, die es zu mindern gilt. Der Regulierungsrahmen soll hierbei sowohl innovationsfreundlich sein und die Anwendung neuer Technologien nicht einschränken. Keine einfache Aufgabe; aber die Harmonisierung dieser Regelungen auf EU-Ebene ist zu begrüßen, da es in einer digitalen Welt keine Grenzen gibt und es einheitlicher Spielregeln bedarf.

Wir, das neue Team des German Desk unter KLEYR GRASSO, freuen uns nun Ihnen zur Sommerpause einen Rück-/Ausblick auf wesentliche Änderungen sowie Neuigkeiten aus dem Großherzogtum Luxemburg zu geben. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und stehen Ihnen bei Fragen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Ihr German Desk

Me Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of Investment Funds & German Desk

 


INHALTSVERZEICHNIS

Wichtige Änderungen im Luxemburger Gesellschaftsrecht – Aktuelle Gesetzesprojekte

Erhebliche Sanktionen seitens der CNPD: Wichtigkeit der Einhaltung der Bestimmungen der DSGVO!

Das Gesetz vom 3. Februar 2018 über den gewerblichen Mietvertrag („bail commercial“)

Das „vereinfachte Verfahren“ im Zivilverfahren in Angelegenheiten vor dem Bezirksgericht

“Neues“ zur Auslagerung in Luxemburg

Modernisierung des Verbriefungsgesetzes

Neue Bestimmungen für OGA-Verwalter

Investments in virtuelle Vermögenswerte

Aussicht in Bezug auf Nachhaltigkeitsvoraussetzungen

Crowdfunding, eine alternative Finanzierungsmöglichkeit?

Unser GERMAN DESK

Kontakt


Wichtige Änderungen im Luxemburger Gesellschaftsrecht – Aktuelle Gesetzesprojekte

Jean-Paul SPANG
Partner
Stefanie KREUZER
Senior Associate

Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht befinden sich zurzeit einige Gesetzesprojekte in Arbeit, die sich nach Inkrafttreten auf Luxemburger Gesellschaften auswirken werden.

  1. Gesetzesentwurf N°7885 zur Einrichtung eines nationalen Überprüfungsmechanismus für ausländische Direktinvestitionen, die die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung gefährden könnten.

Dieser Gesetzesentwurf soll die Verordnung (EU) 2019/452 des europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union, welche seit dem 11. Oktober 2020 gilt (die „VO 2019/452“), in Luxemburg konkretisieren.

Gemäß Artikel 3 der können die Mitgliedstaaten gemäß der VO 2019/452 Mechanismen zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in ihrem Hoheitsgebiet aufrechterhalten, ändern oder einrichten.

Der luxemburgische Gesetzgeber richtet mit dem Gesetzesentwurf eine nationale Überprüfungsprozedur ein, um nationale Sicherheitsinteressen und die öffentliche Ordnung in Luxemburg bei gleichzeitiger Offenheit, Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Standorts Luxemburg zu schützen. Die nationale Überprüfungsprozedur gilt für ausländische Direktinvestitionen (mit Ausnahme von Portfolioinvestitionen) in eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts, welche kritische Aktivitäten in Luxemburg ausführt, die geeignet sind, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung, zu gefährden.

Das Gesetzesprojekt beinhaltet auch den Entwurf einer großherzoglichen Verordnung zur Errichtung eines sogenannten interministeriellen Prüfungsausschusses (der „Interministerielle Prüfungsausschuss“) ein, welcher aus je einem Vertreter des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, des Wirtschaftsministeriums, des Finanzministeriums und des für den Staatsschutz/Geheimdienst zuständigen Ministeriums sowie aus weiteren Experten besteht.

Artikel 2, Absätze 2 und 3 des Gesetzentwurfs N°7885 führen eine Liste von Aktivitäten auf, die als „kritisch“ gelten, darunter zum Beispiel:

  • Stromverteilungsproduktion;
  • Nanotechnologie und Biotechnologie;
  • Datenverarbeitung und -speicherung;
  • Aktivitäten im Zusammenhang mit der Landesverteidigung.

In solchen Fällen muss der ausländische Investor das Wirtschaftsministerium benachrichtigen, bevor er die Direktinvestition tätigt. Anhand der Angaben des ausländischen Investors entscheidet der Interministerielle Prüfungsausschuss, ob ein Prüfungsverfahren durchgeführt wird oder nicht. Wenn der Interministerielle Prüfungsausschuss beschließt, dass ein Prüfungsverfahren für ausländische Direktinvestitionen durchgeführt werden soll, darf dieses Verfahren nicht länger als sechzig Tage dauern. Bei Ablehnung kann die ausländische Direktinvestition nicht durchgeführt werden.

Wenn eine ausländische Direktinvestition ohne die erforderliche Anzeige oder Genehmigung getätigt wurde, können die zuständigen Ministerien dem ausländischen Investor auferlegen, die Investition zu ändern oder den vorherigen Zustand auf seine Kosten wiederherstellen zu lassen.

Der Gesetzesentwurf wurde am 15. September 2021 bei der Abgeordnetenkammer eingereicht. Am 15. April 2022 gab es, unter anderem, eine Stellungnahme der Luxemburger Handelskammer hierzu, die, neben anderen Anmerkungen vor allem eine Klarstellung möchte, für welche Gesellschaftstypen und –formen in Luxemburg dieses Gesetz gelten soll.

Mithin, der Gesetzesentwurf dem Luxemburger Staat eine Möglichkeit zur Hand, ausländische Direktinvestitionen zu kontrollieren und insbesondere kritische Infrastruktur vor unerwünschtem Einfluss zu schützen. Der genaue Anwendungsbereich (d.h. welche Gesellschaften konkret betroffen sein sollen), scheint aber noch nicht festzustehen.

  1. Gesetzesentwurf N°7961 zur Abänderung des Gesetzes vom 19. Dezember 2002 betreffend das Handels- und Gesellschaftsregister („RCS“) sowie Rechnungswesen und Jahresabschlüsse von Unternehmen und des Gesetzes vom 13. Januar 2019 zur Einrichtung eines Registers für wirtschaftlich Endbegünstigte („RBE“).

Dieser Gesetzesentwurf soll zunächst eine Reihe von technischen Aktualisierungen in beiden Registern umsetzen. Die Interconnection zwischen beiden Registern sowie anderen, nationalen Registern soll zur einfacheren Aktualisierung und Abgleichung von Daten erfolgen.

Weiterhin ist vorgesehen, dass der Verwalter des RCS eine aktivere Rolle gegenüber den im RCS eingetragenen Personen und Gesellschaften übernimmt und sie zum Beispiel an die Ihnen obliegenden Pflichten aktiv erinnert (zum Beispiel rechtzeitige Hinterlegung der Jahresabschlüsse, Aktualisierung der Angaben zu den Mandaten der Vertreter, sollten diese ablaufen/abgelaufen sein).

Die wohl wichtigste Änderung betrifft hier aber die darin enthaltene Schaffung von Sanktionierungsmaßnahmen für den Fall, dass in RCS und/oder RBE (i) falsche mitteilungs- und veröffentlichungspflichtige Tatsachen eingetragen sind oder (ii) mitteilungs- und veröffentlichungspflichtige Tatsachen fehlen.

Stellt der Verwalter von RCS/RBE fest, dass im Rahmen der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Fristen (i) falsche oder nicht mehr aktuelle Angaben oder (ii) gar keine Angaben bezüglich einer mitteilungs- und veröffentlichungspflichtigen Tatsache vorliegen oder dass (iii) im Falle des RCS Dokumente, für die eine gesetzlich vorgegebene Hinterlegungspflicht besteht, nicht hinterlegt wurden, so fordert er die betreffende Gesellschaft oder Person per Einschreiben dazu auf, die RCS- oder RBE Akte innerhalb von 30 Tagen zu aktualisieren und zu korrigieren.

Wurde der Aufforderung nach den 30 Tagen nicht nachgekommen, so kann der Verwalter die folgenden Sanktionierungsmaßnahmen vornehmen:

  • auf der jeweiligen RCS oder RBE Website anzeigen, dass die Akte der betroffenen Person nicht aktuell ist oder gegen geltende Rechtsvorschriften verstößt, und zwar ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag der Absendung der Aktualisierungsaufforderung;
  • Ausstellung von Bescheinigungen über die festgestellten Verstöße ab dem ersten Tag des dritten Monats nach dem Absenden der Aktualisierungsaufforderung;
  • eine Verwaltungsstrafe von EUR 3.500,- verhängen (für ASBL und Stiftung EUR 250,-); ab dem ersten Tag des siebten Monats nach dem Absenden der Aktualisierungsaufforderung;
  • von Amts wegen die Akte der betroffenen Person oder Gesellschaft löschen, ohne dass dies eine Auflösung impliziert; ab dem ersten Tag des zwölften Monats nach Versand der Aktualisierungsaufforderung.

Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die anwendbaren Rechtsvorschriften und mangels einer Regulierung durch die betroffene Person oder Stelle hat der Verwalter des RCS/RBE Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten.

Der Gesetzesentwurf wurde am 27. Januar 2022 bei der Abgeordnetenkammer eingereicht. Am 12. Mai 2022 gab die Luxemburger Handelskammer hierzu eine Stellungnahme ab. 

Mithin, der Gesetzesentwurf stellt Luxemburgische Gesellschaften und/oder deren Mitglieder (Verwaltung/Holding) unter strengere sowie darüber hinaus auch sanktionierende Kontrolle betreffend der RCS/RBE Daten. Nach Gesetzeserlass in dieser Form ist also eine aktive administrative Führung der Gesellschaften notwendig.

  1. Gesetzesentwurf N°7968 zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019, welche die Richtlinie (EU) 2017/1132 des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts („RL 1132“) betreffend den Einsatz digitaler Tools und Prozesse im Gesellschaftsrecht und welches, unter anderem, die Digitalisierung der Notarämter zum Zweck hat.

Dieser Gesetzesentwurf sieht die Schaffung einer Rechtsgrundlage für Notarurkunden in elektronischer Form und die Festlegung von Regeln und Bedingungen, denen durch Notare ausgestellte öffentliche Urkunden (was z.B. auch Gründungsurkunden oder Urkunden bezüglich Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen bestimmter Gesellschaften beinhaltet) in elektronischer Form entsprechen müssen, vor.

Hierzu werden in einem ersten Schritt die Bestimmungen des Luxemburger Zivilgesetzes (Code Civil) modernisiert, um allgemein die öffentliche Urkunde in elektronischer Form einzuführen. In einem weiteren Schritt wird das Gesetz vom 9. Dezember 1976 betreffend die Organisation der Notariate (das „Notargesetz“) abgeändert, um die Ausstellung von Urkunden in elektronischer Form durch Notare gesetzlich zu regeln. Auch das Gesetz vom 10. August 1915 über Handelsgesellschaften (das „Gesellschaftsgesetz“) wird diesbezüglich weiter abgeändert.

Es wird auch die Möglichkeit geben, elektronische Notarurkunden entweder (i) von den Parteien aus der Ferne oder (ii) in physischer Präsenz im Büro des Notars digital ausfertigen zu lassen. Dieses wird die Luxemburger Gründung erheblich vereinfachen.

Die Notarkammer Luxemburg arbeitet an der Einrichtung einer elektronischen Austauschplattform, die das Hauptarbeitsinstrument der Notare darstellen wird. Damit die elektronischen Notarurkunden von den Parteien aus der Ferne unterzeichnet werden können, erhalten diese ebenfalls einen Zugang zu dieser Plattform. Falls die elektronischen Notarurkunden im Notarbüro unterzeichnet werden, kann dies entweder (i) über die elektronische Plattform oder (ii) mittels eines Tablet oder eines anderen Geräts, das die Übertragung der handschriftlichen Unterschrift auf das digitale Medium ermöglicht, erfolgen.

Auf Luxemburger Gesellschaften hat dies dergestalt Auswirkungen, dass es ermöglich wird, eine Gesellschaft komplett per digitaler Mittel, d.h. ohne physisches Erscheinen (sei es persönlich oder durch einen Vertreter) vor dem Notar und per digitaler Unterschrift, zu gründen. Der Gesetzgeber plant, diese Möglichkeit für S.A., S.à r.l. und S.C.A. vorzusehen.

Und auch die Freigabe von Barkapital im Rahmen von Gesellschaftsgründungen beziehungsweise Kapitalerhöhungen kann online auf ein im Namen der (zu gründenden) Gesellschaft eröffnetes Konto bei einem in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstitut im Sinne von Verordnung (EU) 575/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/201 über einen allgemein verfügbaren Online-Zahlungsdienst erfolgen.

Dabei muss es sich um einen weit verbreiteten Online-Zahlungsdienst, der (i) für grenzüberschreitende Zahlungen verwendet werden kann, (ii) die Identifizierung der Person ermöglicht, die die Zahlung vorgenommen hat, und (iii) von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Finanzinstitut oder Zahlungsdienstleister bereitgestellt wird, handeln. Im Übrigen kann der Nachweis dieser Zahlung auch online erbracht werden.

Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie (EU) 2019/1152 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 läuft am 1. August 2022 ab.

Der Gesetzesentwurf wurde am 15. Februar 2022 bei der Abgeordnetenkammer eingereicht. Zuletzt gab am 23. Mai 2022 der oberste Gerichtshof Luxemburgs (Cour Supérieure de Justice) eine Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf ab.

  1. Gesetzesentwurf N°8053 zur Abänderung (i) des Gesellschaftsgesetzes und (ii) des Gesetzes vom 19. Dezember 2002 betreffend das RCS, zum Zweck der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2121 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 (die „Mobilitätsrichtlinie“), welche die Abänderung der RL 1132 im Hinblick auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen betrifft.

Dieser Gesetzesentwurf wurde am 27. Juli 2022 bei der Abgeordnetenkammer eingereicht.

Hierbei ist vorgesehen, dass Titel X des Gesellschaftsgesetzes (Restrukturierungen – restructurations)

  • sowohl in Kapitel II wie auch in Kapitel III jeweils einen neuen Abschnitt erhält, welcher grenzüberschreitende europäische Verschmelzungen beziehungsweise Spaltungen betrifft, und
  • ein zusätzliches neues Kapitel VI erhält, welches grenzüberschreitende Umwandlungen regelt.

Die neuen Regelungen finden Anwendung auf die Verschmelzung, Spaltung oder Umwandlung einer Luxemburger S.à r.l., S.A. oder S.C.A. mit mindestens einer anderen Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ihren satzungsmäßigen Sitz hat und in Anhang II der RL 1132 aufgeführt ist.

Die Bestimmungen über grenzüberschreitende europäische Verschmelzungen und Spaltung decken sich im Wesentlichen mit den bereits vorhandenen Bestimmungen (welche nach Inkrafttreten des geplanten Gesetzes nur noch für Verschmelzungen/Spaltung zwischen Luxemburger Gesellschaften und Gesellschaften, die ihren Sitz in einem Nicht-EU-Staat haben, gelten), mit einigen Ausnahmen, wie beispielsweise:

  • Der Verschmelzungs- bzw. Spaltungsplan muss (i) falls eine Barabfindung an Gesellschafter vorgesehen ist, den Betrag und die Zuteilungsmodalitäten enthalten, (ii) etwaige den Gläubigern angebotene Sicherheiten (z.B. Garantien oder Zusagen) enthalten oder (iii) angeben, dass die absorbierte/abgespaltene Gesellschaft in den letzten fünf Jahren in einem Wegzugsmitgliedstaat eine Fördermaßnahme oder Subvention erhalten hat.
  • Was die Offenlegung angeht, so muss neben dem Verschmelzungs- bzw. Spaltungsplan an sich auch eine Bekanntmachung veröffentlicht werden, in der den Gesellschaftern, den Gläubiger und Arbeitnehmervertretern (oder den Arbeitnehmern direkt) der miteinander verschmelzenden Gesellschaften bzw. der sich spaltenden Gesellschaften mitgeteilt wird, dass sie ihrer jeweiligen Gesellschaft spätestens fünf Arbeitstage vor dem Tag, an dem die Gesellschafterversammlung über die Verschmelzung/Spaltung entscheidet, Bemerkungen zu dem Verschmelzungs- bzw. Spaltungsplan übermitteln können.
  • Der Bericht des Verwaltungsorgans der Gesellschaft muss zwei Abschnitte enthalten: (i) ein Abschnitt für die Gesellschafter, in dem bestimmte, für die Gesellschafter relevante Aspekte erläutert werden und (ii) einen Abschnitt für die Arbeitnehmer, in bestimmte, für die Arbeitnehmer relevante Aspekte erläutert werden. Die Gesellschafter können auf die Erstellung des Abschnitts für sie verzichten, nicht jedoch aber auf denjenigen, der für die Arbeitnehmer bestimmt ist. Sollte die Gesellschaft keine Arbeitnehmer haben, so ist der Abschnitt über Arbeitnehmer entbehrlich. Demnach ist der Bericht des Verwaltungsorgans der Gesellschaft nicht verpflichtend, wenn die Gesellschaft keine Arbeitnehmer hat und die Gesellschafter auf die Erstellung eines Berichts verzichten. Zudem muss dieser Bericht den Gesellschaftern bzw. Arbeitnehmern mindestens sechs Wochen vor dem Tag, an dem die Gesellschafterversammlung über die Verschmelzung bzw. Spaltung entscheidet, zur Verfügung gestellt werden (statt wie sonst vier Wochen).
  • Gesellschafter der sich durch die Verschmelzung auflösenden Gesellschaft bzw. der Gesellschaft, die die Spaltung vornimmt, die dem gemeinsamen Plan zur grenzüberschreitenden europäischen Verschmelzung/Spaltung nicht zugestimmt haben, können eine Barabfindung erhalten und ihre Anteile entsprechend veräußern, sofern sie infolge der Verschmelzung/Spaltung Anteile an der aus der Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft bzw. der begünstigten Gesellschaft erwerben würden, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates als des Mitgliedstaates ihrer entsprechenden Gesellschaft unterliegen würde.
  • Erstellung einer Vorabbescheinigung durch den Luxemburger Notar als zuständige Instanz, welche die Einhaltung aller erforderlichen Voraussetzungen und die ordnungsgemäße Erfüllung aller Verfahren und Formalitäten in Großherzogtum Luxemburg bestätigt. Dem Luxemburger Notar muss eine Anfrage zur Abgabe einer solchen Vorabbescheinigung übermittelt werden, welche u.a. den Entwurf des gemeinsamen Verschmelzungs- bzw. Spaltungsplans, die eventuell erforderlichen Berichte von Experten und Verwaltungsorgan sowie weitere Informationen enthält. Nach Eingang der Anfrage hat der Notar drei Monate Zeit, diese zu prüfen und eine Vorabbescheinigung auszustellen. Bei Versagung einer solchen Vorabbescheinigung durch den Notar kann die betroffene Gesellschaft Einspruch vor Gericht einlegen. Stellt der Notar die Vorabbescheinigung aus, so wird diese beim RCS sowie den anderen zuständigen Registerstellen in den anderen Mitgliedstaaten übermittelt und dort veröffentlicht. Die Vorabbescheinigung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat dient dem Luxemburger Notar als Kontrollstelle für die Ordnungsmäßigkeit der Verschmelzung bzw. Spaltung als Nachweis, dass in dem anderen EU-Mitgliedstaat die Prozeduren und Formalitäten zur Verschmelzung bzw. Spaltung eingehalten wurden.
  • Die Wirksamkeit der grenzüberschreitenden europäischen Verschmelzungen richtet sich nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt. Die Wirksamkeit der grenzüberschreitenden europäischen Spaltung unterliegt dem Recht des Mitgliedstaates, dem die Gesellschaft, die die Spaltung vornimmt, unterliegt.

Das zusätzliche neue Kapitel VI des Titel X des Gesellschaftsgesetzes, welches grenzüberschreitende Umwandlungen regelt, enthält im ersten Abschnitt generelle Regelungen zu grenzüberschreitenden Umwandlungen und im zweiten Abschnitt besondere Bestimmungen zu grenzüberschreitenden europäischen Umwandlungen. Die Bestimmungen decken sich im Wesentlichen mit denjenigen über die grenzüberschreitenden europäischen Verschmelzungen bzw. Spaltungen.

Bezüglich aller vier Gesetzesentwürfe ist zurzeit noch nicht absehbar, wann sie der Abgeordnetenkammer zur Abstimmung vorgelegt und in Kraft treten werden.


 

Erhebliche Sanktionen seitens der CNPD: Wichtigkeit der Einhaltung der Bestimmungen der DSGVO!

Philippe NEY
Partner
Maaike DEROOST
Associate

Die nationale Kommission für Datenschutz (CNPD) hat neulich Entscheidungen veröffentlicht0F[1], in welchen sie Geldstrafen und/oder Korrekturmaßnahmen wegen Missachtung der Bestimmungen der DSGVO1F[2] ausgesprochen hat.

Untenstehend eine Übersicht der festgestellten Verstöße und die von der CNPD seit März 2021 verhängten Sanktionen:

Videoüberwachung und/oder Geolokalisierung

Festgestellte Verstöße Strafen
Nichteinhaltung des Prinzips der Speicherbegrenzung der Daten

Nichteinhaltung des Prinzips der Datenminimierung (z.B. unverhältnismäßige Sichtweise)

Unzureichende Informationen der betroffenen Personen (z.B. der Arbeitnehmer, der Kunden, der Zulieferer etc.)

Keine Einführung der angemessenen Sicherheitsmaßnahmen
Bußgeld von 1.000 EUR bis 12.500 EUR

Anordnung zur Beachtung der Bestimmungen innerhalb einer Frist von 2 bis 3 Monaten 

 

Umfragekampagne der CNPD über die Funktion des Datenschutzbeauftragten („DSB“)

Festgestellte Verstöße Strafen
Verstoß gegen die Pflicht den DSB auf der Grundlage seiner beruflichen Befugnisse zu bestellen

Verstoß gegen die Pflicht, die Kontaktdaten des DSB an die Aufsichtsbehörde zu übermitteln

Verstoß gegen die Pflicht, den DSB in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz von personenbezogenen Daten einzubeziehen

Verstoß gegen die Pflicht, dem DSB alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen

Verletzung im Zusammenhang mit der Informations- und Beratungsaufgabe des DSB

Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des DSB

Verstoß gegen die Pflicht zur Vermeidung von Interessenkonflikte in der Ausführung der anderen Funktionen und Aufgaben des DSB
Bußgeld von 6.600 EUR bis 18.000 EUR

Anordnung zur Beachtung der Bestimmungen innerhalb einer Frist von 4 Monaten

Verletzung von personenbezogenen Daten

Festgestellte Verstöße Strafen
Verstoß gegen die Pflicht, eine Verletzung der personenbezogenen Daten zu dokumentieren

Versäumnis, angemessene Sicherheitsmaßnahmen einzuführen

Verstoß gegen die Pflicht, die Sicherheit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten

Verstoß gegen die Pflicht, der Aufsichtsbehörde eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten zu melden
Verstoß gegen die Pflicht, der CNPD die Kontaktdaten des DSB zu übermitteln
Bußgeld in Höhe von 135.000 EUR

Anordnung zur Beachtung der Bestimmungen innerhalb einer Frist von 2 Monaten

Gegen die Entscheidungen der Aufsichtsbehörde kann innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung an das Unternehmen eine Berufungsklage (recours en réformation) eingereicht werden. Die Klage muss vor dem Verwaltungsgericht und zwingend über einen in Luxemburg ansässigen Anwalt eingereicht werden.

Unsere Abteilung “Datenschutz” setzt sich mit der Einhaltung der Vorschriften auseinander, sowie mit den Verfahren zur Feststellung von Datenschutzverstößen und bei möglichen Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen, die gegen das Unternehmen ausgesprochen wurden.


Das Gesetz vom 3. Februar 2018 über den gewerblichen Mietvertrag („bail commercial“)

Yasmine POOS
Partner  
Henry DE RON
Partner  
Fanny MAZEAUD
Counsel  
Leyla GUERBUZEL
Senior Associate
Liza CURTEANU
Senior Associate
Anne THEISEN
Associate

Das Gesetz vom 3. Februar 2018 über den gewerblichen Mietvertrag ist am 1. März 2018 in Kraft getreten und gilt für alle gewerblichen Mietverträge.

  1. Anwendungsbereich

Das Gesetz vom 3. Februar 2018 hat einen gesetzlichen Rahmen für alle gewerblichen Mietverträge durch die Einführung von neuen Bestimmungen in das Luxemburgische Zivilgesetzbuch („Code civil“) (Artikel 1762-3 von 1762-12).

Laut Artikel 1762-3 des Code civil ist das Gesetz anwendbar, sobald es sich um einen Mietvertrag „für die Ausübung eines kommerziellen, industriellen oder handwerklichen Gewerbes“ handelt.

Dies bedeutet, dass alle Mietverträge die für einen Verwaltungs- oder einen Freiberufszweck sowie die mit einer Laufzeit von 1 Jahr oder weniger abgeschlossenen wurden vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen sind.

Dagegen fallen Einkaufszentren und Einkaufspassagen unter die Bestimmungen des Gesetzes.

  1. Laufzeit

Das Gesetz sieht keine Mindestlaufzeit des gewerblichen Mietvertrags vor. Die durch das Gesetz eingeführten Bestimmungen gelten jedoch nicht für gewerbliche Mietverträge mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr. Die Entstehung von kurzlebigen Geschäften (Typ Pop-up-Stores), die in den parlamentarischen Sitzungen diskutiert wurde, dürfte daher nicht beeinträchtigt werden.

Das Gesetz vom 3. Februar 2018 führt durch den Artikel 1762-12 des Code civil eine Mindestlaufzeit ein, die aus einem Zeitraum von 9 Jahren besteht. Bei einer effektiven Mietzeit von 9 Jahren steht dem Mieter ein Recht zu im Mietobjekt zu verweilen. Dieses Recht ist jedoch nicht absolut.

Es ist anzumerken, dass der Mietvertrag auch den neuen Erwerber der Geschäftsräume verpflichtet, und dies sogar dann, wenn der Mietvertrag nicht eingetragen ist.

  1. Pas de porte / Exclusivité

Artikel 1762-5 des Code civil verbietet nun eine in der Vergangenheit gängige Praxis, die dazu neigte, die Preise künstlich zu erhöhen: die sogenannte „Ausschließlichkeitsklausel“ („clause d’exclusivité / pas de porte“).

Das pas de porte ist ein Geldbetrag, den der neue Mieter bei dem Abschluss eines gewerblichen Mietvertrags als Eintrittsgeld an den Vermieter bezahlt.1

Jeder Mietzuschlag, der dem Vermieter oder dem Vermittler aufgrund des Vertragsabschlusses gezahlt wird, ist von Rechts wegen nichtig.

Die gleiche Rechtsfolge gilt für jede Verpflichtung, die der Mieter gegenüber dem Vermieter eingeht, einen bestimmten Vermittler für die Untervermietung oder die Abtretung des Mietvertrags einzusetzen.

Die Zahlung von einer Maklerprovision im Falle des Abschlusses eines Mietvertrags ist jedoch nicht ausgeschlossen.

  1. Mietkaution

Die Mietkaution, die die Zahlung der Miete oder aller anderen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag absichern soll, darf laut Artikel 1762-5 §3 des Code civil die Dauer von sechs Monatsmieten nicht überschreiten.

Der Vermieter darf dem Mieter nicht verweigern, statt einer Bareinlage eine Bankgarantie auf erstes Anfordern, den Abschluss einer Versicherung oder eine andere Garantie vorzuziehen, solange diese Garantie sechs Monatsmieten abdeckt[3].2F

Der Mieter muss die Mietkaution erneuern und den Betrag im Falle einer stillschweigenden Verlängerung des Mietvertrags anpassen, damit der Vermieter bis zum Ende des Mietverhältnisses über eine entsprechende Garantie verfügt.

  1. Abtretung / Untervermietung

Um Spekulationen mit Untermietverhältnissen zu verhindern, muss der Mieter dem Vermieter mitteilen, dass er einen Untermietvertrag abschließt. Zudem dürfen gezahlten Mieten nicht höher sein als die vom Mieter an den Vermieter gezahlten Mieten, es sei denn, der Vermieter kann nachweisen, dass er spezifische Investitionen für die Tätigkeit des Untermieters getätigt hat.

Die Abtretung eines Mietvertrags oder die Untervermietung der Geschäftsräume, die Gegenstand des Mietvertrags sind, kann nicht untersagt werden, wenn die Abtretung oder Untervermietung zusammen mit der Abtretung des Geschäftsbetriebs erfolgt, vorausgesetzt jedoch, dass eine identische Tätigkeit weiterhin etabliert wird.

Jede gegenteilige Klausel im Mietvertrag ist von Rechts wegen nichtig. Das Verbot der Abtretung oder Untervermietung bleibt jedoch bestehen, wenn der Vermieter sich einen Teil des Gebäudes vorbehalten hat, um es selbst zu bewohnen oder seine Familie dort wohnen zu lassen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass das Prinzip der Solidarität im Rahmen der Abtretung und der Untervermietung gilt.

  1. Kündigungsfrist und Kündigungsgründe

Für unbefristete Mietverträge besteht eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vor Beendigung des Mietverhältnisses.

Der Mietvertrag kann in besonderen Fällen ebenfalls gekündigt werden, vorausgesetzt, dass die Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten beachtet wird. Es handelt sich um folgende Fälle:

    (i) Selbstnutzung durch den Vermieter oder seine Nachkommen ersten Grades;

    (ii) Einstellung der Vermietung zum Zwecke einer identischen Tätigkeit; oder

    (iii) Wiederaufbau oder Umbau der gemieteten Immobilie.

Ungeachtet dieser Kündigungsgründe kann der Vermieter den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn der Mieter seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Die Rechtsprechung ist der Meinung, dass andere Gründe, die nicht in das Gesetz vorgesehen wurden, nicht wirksam sind[4], was die Unabdingbarkeit des Gesetzes unterstreicht[5].

Recht auf Erneuerung

Dies ist eine der wichtigsten Neuerungen dieses Gesetzes, die in der vollständigen Neufassung des Systems des Rechts auf Erneuerung des Mietvertrags für den Mieter besteht5F[6].

Im Gegensatz zu der alten Fassung des Code civil, um den Schutz des Mieters zu stärken, erteilt der Gesetzgeber dem Mieter ein Recht auf Erneuerung des Mietvertrages ohne jegliche zeitliche Begrenzung.

Der Antrag auf Erneuerung muss mindestens sechs Monate vor Ablauf des Mietvertrages per Einschreiben mit Rückschein an den Vermieter gerichtet werden, andernfalls verfällt er.

Der Vermieter hat dann drei Monate nach Erhalt des Antrags Zeit, um seine Meinung zu äußern.

Die Rechtsprechung hat entschieden, dass der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter innerhalb von drei Monaten nach Erhalt des Verlängerungsantrags des Mieters unaufgefordert eine Begründung für seine Ablehnung zu liefern6F[7].

Um die Rechte des Vermieters zu wahren, kann der Vermieter jedoch den Antrag auf Erneuerung aufgrund der unter Punkt 6 genannten Gründe ablehnen.

Das Recht auf Erneuerung ist in Luxemburg von öffentlicher Ordnung und kann dem Mieter demnach vertraglich nicht aberkannt werden. 

  1. Räumungsentschädigung („indemnité d’éviction“)

Der Vermieter kann den Mietvertrag nach 9 Jahren, ohne Begründung, kündigen oder die Vertragsverlängerung verweigern:

  • wenn der Vermieter dem Mieter vor Beendigung des Mietvertrags eine Räumungsentschädigung zahlt; oder
  • wenn ein Dritter vor Beendigung des Mietvertrags die Räumungsentschädigung bezahlt.

Wenn der Vertrag keine Klausel über die Räumungsentschädigung beinhaltet, haben die Parteien vor Vertragsende die Möglichkeit, ein Verfahren vor dem Friedensgericht zur Bestimmung des Räumungsentschädigungsbetrags auf der Grundlage des Marktwerts des Geschäfts für die betreffende Tätigkeit zu beantragen.

Das Gesetz definiert oder bestimmt keine Grundlage für die Berechnung des Räumungsentschädigungsbetrags.

Der Friedensrichter hat die Möglichkeit, den Betrag der Entschädigung souverän festzulegen[8].7

Zudem kann der Vermieter aufgrund der unter Punkt 6 genannten Gründe den Mietvertrag kündigen, ohne dass eine Entschädigung geschuldet ist[9].8

Im Streitfall trägt der Vermieter die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Kündigung[10].9 Der Richter urteilt dann souverän die Wirksamkeit der Kündigung.

Die Räumungsentschädigung verfolgt somit zwei Ziele10F[11]:

  • als Entschädigung wegen einer Kündigung des über neun Jahren ausgeführten Vertrags;
  • als Strafe im Falle einer durch den Richter festgestellten unbegründeten Kündigung.
  • Vorkaufsrecht („droit de préemption“)

Mietet ein Mieter ein Mietobjekt bereits seit mehr als 18 Jahre, verfügt er über ein gesetzliches Vorkaufsrecht.

Dieses Vorkaufsrecht ist nicht absolut. Es gelten folgende Ausnahmen:

  • öffentliche Versteigerung oder
  • Veräußerung oder Schenkung des Mietobjektes an einen Verwandten bis zum 3. Grad.

Der Vermieter übermittelt dem Mieter per Einschreiben das Verkaufsangebot, in dem der Vermieter den Mieter darauf hinweisen muss, dass er das Recht hat, einen Gegenvorschlag zu machen.

Der Mieter hat eine Frist von einem Monat, um von seinem Recht Gebrauch zu machen oder gegebenenfalls einen Gegenvorschlag zu unterbreiten.

Ein Schweigen des Mieters gilt als Ablehnung des Angebots.

Hat der Mieter einen Antrag auf Gewährung eines Darlehens bei einem in der europäischen Union ansässigen Finanzinstitut gestellt, wird die dem Mieter gegebene Frist von einem Monat verlängert.

Die gemieteten Geschäftsräume dürfen nur zu einem höheren Preis als den vom Mieter angebotenen an einen Dritten verkauft werden.

Das Vorkaufsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn der Mieter das gesamte Gebäude gemietet hat bzw. wenn die gemieteten Geschäftsräume unter die Regelung des Miteigentums fallen.

Wenn der Vermieter das Vorkaufsrecht des Mieters verletzt, kann der Mieter eine Entschädigung in Höhe von mindestens einer Jahresmiete verlangen.


Das „vereinfachte Verfahren“ im Zivilverfahren in Angelegenheiten vor dem Bezirksgericht

Henry DE RON
Partner  
Leyla GUERBUZEL
Senior Associate  
Liza CURTEANU
Senior Associate
Anne THEISEN
Associate

Seit dem Gesetz vom 15. Juli 2021 gelten ab dem 16. September 2021 neue Verfahrensbestimmungen in Luxemburg.

  1. Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick

Ein vereinfachtes Verfahren (mise en état simplifiée) soll die Verfahrenszeit verkürzen und sogenannte “einfache” Fälle schneller abhandeln.

Das vereinfachte Verfahren betrifft Verfahren mit einem Streitwert von bis zu 100.000 Euro, in denen ein einziger Kläger und ein einziger Beklagter beteiligt sind.

Der Vorsitzende der betreffenden Gerichtskammer unterrichtet die Parteien mittels nicht anfechtbarem Beschluss, dass das vereinfachte Verfahren anzuwenden ist.

Es gibt in diesem vereinfachten Verfahren strenge Richtlinien bezüglich (1) des Austauschs der Schriftsätze (das vereinfachte Verfahren beschränkt die Anzahl der Schriftsätze auf 2 pro Partei) sowie (2) der Beantwortungsfristen. Die verschiedenen Fristen werden im Beschluss des Vorsitzenden Richters festgelegt und gelten unter einer Ausschlussfriststrafe (peine de forclusion). 

Wenn die Voraussetzungen für dieses vereinfachte Verfahren nicht erfüllt sind, kann, der Vorsitzende der betreffenden Kammer, auf begründeten Antrag einer der Parteien, die Entscheidung treffen, entweder das vereinfachte Verfahren oder das normale Verfahren für die Parteien zu erlauben, nachdem er beide Parteien gehört hat.

Die Einführung einer solchen vereinfachten Verfahrensordnung soll es ermöglichen, bestimmte Fälle, von geringerem Streitwert, schneller zu erledigen und dazu beitragen, bestimmte Verzögerungspraktiken oder -taktiken zu bekämpfen.

  1. Die Verfahren im Handelsrecht sind nicht von diesen Neuerungen betroffen, es sei denn die Streitparteien wählen die zivile Verfahrensordnung

Während im zivilrechtlichen Verfahren bis zur Einführung dieser Änderungen die Verfahren stets länger und zeitaufwendiger wurden, besteht vor der Handelskammer des Bezirksgerichtes das „mündliche Verfahren“.

Wenn ein Verfahren nach im Handelsrecht geführt wird, können die Parteien selbst erscheinen oder einen bevollmächtigten Vertreter entsenden, welcher kein Anwalt sein muss.

Die Vorladung erfolgt auf einen bestimmten Tag und das Verfahren verläuft, wie schon erwähnt, mündlich. Es werden also keine Schriftsätze zwischen den Parteien ausgetauscht, sodass das Verfahren recht schnell von der Bühne geht.

In Handelsangelegenheiten ist außerdem die Erscheinungsfrist mit 8 Tagen deutlich kürzer als in Zivilrechtlichen Verfahren, wo die Frist mindestens 15 Tagen beträgt.

Da es dieses mündliche Verfahren im zivilrechtlichen Verfahren nicht gibt, ist die Einführung des vereinfachten Verfahrens eine lobenswerte Möglichkeit, die üblicherweise langen Gerichtsverfahren zu kürzen, und Fälle mit geringerem finanziellen Einsatz schneller durchzuschleusen.

Die Streitparteien können jedoch auch in Handelssachen die zivilrechtliche Verfahrensordnung wählen. Dann gelten wiederum die gleichen Prinzipien wie Anfangs erwähnt.


“Neues“ zur Auslagerung in Luxemburg

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
Senior Associate  

Bereits am 22. April 2022 veröffentlichte die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde (Commission de Surveillance du Secteur Financier, „CSSF“) eine Reihe an Rundschreiben, unter anderem das Rundschreiben 22/806 und diesbezügliche FAQs, die für den luxemburgischen Markt von besonderem Interesse waren, da diese, unter anderem, Fragen der Auslagerung betrafen.

Die Veröffentlichungen der CSSF zum Thema Auslagerung, d.h. die CSSF-Rundschreiben 22/806 (das „Rundschreiben“) und 22/805 sowie die CSSF-FAQs zu dem Rundschreiben vom 22. April 2022 wurden von den Marktteilnehmern begrüßt, da diese einen einheitlichen Rahmen für Auslagerungen und damit auch ein besseres Verständnis für einige Teilbereiche dieser Thematik geschaffen haben.

Zunächst ist festzuhalten, dass eine Vielzahl an Akteuren in den Anwendungsbereich des Rundschreibens fallen. Hierzu zählen unter anderem Kreditinstitute, Professionelle des Finanzsektors (Professionnels du Secteur Financier, „PSF“), E-Geld- und Zahlungsinstitute aber auch Investmentfondsmanager, die in den Anwendungsbereich des CSSF-Rundschreibens 18/698 fallen. Mit dem Rundschreiben werden die Leitlinien zu Auslagerungen der European Banking Authority aus dem Jahr 2019 (EBA/GL2019/02, die „Leitlinien“) in die Verwaltungspraxis der CSSF schlussendlich überführt, aber im Unterschied zu den Leitlinien betrifft das Rundschrieben deutlich mehr Akteure. Die Vielzahl an betroffenen Akteuren ist dem Umstand geschuldet, dass die CSSF einen einheitlichen Rahmen für Auslagerungen auf nationaler Ebene für die Fonds- und Finanzindustrie schaffen wollte. Hier spiegelt sich mithin der Gedanke aus der Einleitung betreffend die Konsolidierung der Märkte wieder. In Folge des Bemühens um einen einheitlichen Rahmen auf nationaler Ebene wurden daher eine Reihe an CSSF-Rundschreiben zum 30. Juni 2022 aufgehoben sowie andere CSSF-Rundschreiben zeitgleich angepasst bzw. werden dies in absehbarer Zeit. Die diesbezüglichen Details befinden sich in dem CSSF-Rundschreiben 22/805. Ungeachtet des einheitlichen Rahmens, den das Rundschreiben schafft, muss dieses zusammen mit anderen auf die einzelnen Akteure anwendbaren Bestimmungen gelesen werden. Beispielsweise müssen Investmentfondsmanager das Zusammenspiel des Rundschreibens mit dem CSSF-Rundschreiben 18/698 berücksichtigen, denn das Rundschreiben wirkt sich auf einzelne Bereiche des Rundschreibens 18/698 unterschiedlich aus. So wird Letzteres durch das Rundschreiben teilweise ergänzt wohingegen andere Punkte aufgrund des Rundschreibens keine Anwendung mehr finden.

Das Rundschreiben selbst enthält in einem ersten Teil die allgemeinen Bestimmungen zu Auslagerungen und in seinem zweiten Teil die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Auslagerungsvereinbarungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (information and communication technology, „IKT-Auslagerung“), die bisher in verschiedenen Rundschreiben adressiert wurden.

Hervorzuheben ist in Bezug auf den allgemeinen Teil, dass die betroffenen Akteure die ausgelagerten Funktionen daraufhin zu prüfen haben, ob diese Funktionen als kritische oder wichtige Funktionen einzustufen sind und erhalten hierzu hilfreiche Bestimmungen. Anzumerken ist, dass, sofern eine solche wichtige oder kritische Funktion ausgelagert werden soll, eine solche beabsichtigte Auslagerung der CSSF nur noch anzuzeigen ist und nicht durch die CSSF wie vorab genehmigt werden muss. Hierbei hat die Anzeige dieser Auslagerungsabsicht mit einer Dreimonatsfrist zu erfolgen, die im Falle einer beabsichtigten Übertragung auf einen PSF, der den Bestimmungen der Artikel 29-1 bis 29-6 des Gesetzes vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert, unterliegt, auf einen Monat verkürzt wird. In Bezug auf den besonderen Teil ist hervorzuheben, dass dieser das CSSF-Rundschreiben 17/654 über sog. Cloud-Computing ersetzt und nur für IKT-Auslagerungen als solche gilt. Der besondere Teil des Rundschreibens findet damit keine Anwendung auf die Auslagerung ganzer Funktionen, auch wenn sich diese auf IKT stützen können.

Das Rundschreiben trat am 30. Juni 2022 in Kraft und die in den Anwendungsbereich des Rundschreibens fallenden Akteure müssen sicherstellen, dass sämtliche ab diesem Datum neu abzuschließende, zu überprüfende oder abzuändernden Auslagerungsvereinbarungen mit den Vorgaben des Rundschreibens übereinstimmen. Von Bedeutung ist es anzumerken, dass sämtliche Auslagerungsvereinbarungen spätestens bis zum 31. Dezember 2022 auf ihre Übereinstimmung mit dem Rundschreiben überprüft werden müssen. Für den Fall, dass Auslagerungsvereinbarungen betreffend wichtiger oder kritischer Funktionen nicht bis zum Jahresende auf ihre Übereinstimmung geprüft und gegebenenfalls angepasst werden können, besteht eine diesbezügliche Anzeigepflicht an die CSSF, wobei auch die Abhilfemaßnahme bereits in dieser Meldung enthalten sein müssen. Auch wenn vorab bereits Anpassungen an die Vorgaben gemacht wurden, so sind nun die nationalen Vorgaben weitgehender und mithin zwingend einzubringen.


Modernisierung des Verbriefungsgesetzes

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
Senior Associate  

Anfang dieses Jahres, nach weniger als einem Jahr seit Einbringung des Gesetzesentwurfs Nr. 7825 ins Parlament, war es soweit und das Gesetz vom 22. März 2004 über Verbriefungen wurde durch das Gesetz vom 25. Februar 2022 modernisiert (das „Gesetz“). Ziel der Modernisierungen war es, wie so oft, den Standort Luxemburg zu stärken und in diesem Fall die Vormachtstellung auf dem europäischen Markt zu sichern sowie das Gesetz an die Erfordernisse des Marktes anzupassen.

Das Gesetz ist dem Anspruch der Marktteilnehmer gerecht geworden und beinhaltet zahlreiche Anpassungen an die Bedürfnisse der Akteure. Beispielsweise können Verbriefungsvehikel, die in Form einer Gesellschaft aufgesetzt werden (nach wie vor kann ein Verbriefungsvehikel auch als Investmentfonds aufgesetzt werden) nunmehr auch in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (société en commandite simple, SCS), einer Spezialkommanditgesellschaft (société en commandite spéciale, SCSp), einer offenen Handelsgesellschaft (société en nom collectif) oder einer vereinfachten Aktiengesellschaft (société par actions simplifiée) errichtet werden. Dieses war vorab nicht möglich, insbesondere die steuertransparenten Verbriefungsvehikel (SCS).

Aber das Gesetz enthält Änderungen. So gibt das Gesetzt nunmehr eine klare Hierarchie des Ranges und Vorranges der durch das Verbriefungsvehikel ausgegebenen Finanzinstrumente und der erhaltenen Darlehen vor, gestattet aber eine vertragliche Ausgestaltung dieser Hierarchie. Auch ist einem Verbriefungsvehikel nunmehr (unter Einhaltung gewisser Bedingungen) ein aktives Management der verbrieften Vermögenswerte möglich, wodurch die „passive Rolle“ der Verbriefungsvehikel abgelegt und mehr Flexibilität geschaffen wurde. Des Weiteren wurden die Möglichkeiten Sicherheiten zu bestellen ausgeweitet, so dass im Rahmen einer Verbriefung auch die verbrieften Vermögenswerte als Sicherheit für nicht an der Verbriefung beteiligte Parteien genutzt werden können.

Daneben dürfte für die Akteure von Bedeutung und großem Interesse die Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten und die Ersetzung des Begriffes Wertpapiere (valeurs mobilières) durch Finanzinstrumente (instruments financiers) im Sinne des Gesetzes vom 5. August 2005 über Finanzsicherheiten, wie abgeändert, sein.  De facto können Verbriefungsvehikel sich nunmehr auch über Darlehen finanzieren, die nicht mehr zwingend mit der Ausgabe von Finanzinstrumenten verbunden sind, solange die rückzahlbaren Beträge von den verbrieften Risiken abhängen. Durch die Ersetzung des Begriffes Wertpapiere und die hierdurch erfolgte Angleichung an die Begrifflichkeit auf europäischer Ebene wurde ein mehr an Rechtssicherheit geschaffen, da ausländische Finanzinstrumente – die nach ausländischem Recht nicht als Wertpapiere zu qualifizieren waren – sowie beispielsweise Schuldscheine nunmehr eindeutig als zulässige Finanzierungsmöglichkeit qualifizieren. Der gelebten Praxis wurde mithin eine gesetzliche Grundlage gegeben.

Hingewiesen wird an dieser Stelle auch noch darauf, dass die als Investmentfonds aufgesetzten Verbriefungsvehikel im Handels- und Gesellschaftsregister registriert werden müssen. Die Frist zur Eintragung der bestehenden Verbriefungsfonds, die vor dem 8. März 2022 errichtet wurden, endet am 7. September 2022, so dass dies, sofern noch nicht geschehen, nunmehr noch zeitnah erfolgen sollte.


Neue Bestimmungen für OGA-Verwalter

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
Senior Associate  

Am 16. Mai 2022 veröffentlichte die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde (Commission de Surveillance du Secteur Financier, „CSSF“) ihr Rundschreiben 22/811 (das „Rundschreiben“), betreffend die Zulassung und Organisation sämtlicher Entitäten, die als Verwalter von Organismen für gemeinsame Anlagen („OGA“) tätig sind. Unter anderem ersetzte die CSSF hiermit das bereits in die Tage gekommene Kapitel D des Rundschreibens IML 91/75 betreffend die Zentralverwaltung von luxemburgischen OGA. In den CSSF-FAQs zu dem Rundschreiben in der Version vom 1. Juni 2022 erfolgen einige IT-bezogene Klarstellungen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass die FAQs weiter befüllt werden.

Das Rundschreiben gilt für (i) Kaptalverwaltungsgesellschaften (die nach Kapitel 15 und 16 des Gesetzes vom 17. Dezember 2010 über OGA, wie abgeändert, zugelassen sind), (ii) Verwalter alternativer Investmentfonds („AIFM“) (die nach Kapitel 2 des Gesetzes vom 12. Juli 2013, wie abgeändert, zugelassen sind), (iii) ausländische Investmentfondsmanager, die Verwaltungstätigkeiten für luxemburgische OGA ausüben, (iv) regulierte luxemburgische OGA (OGAW, Teil II OGA, Spezialinvestmentfonds (SIF) und Wagniskapitalgesellschaften (SICAR) und (v) externe Dienstleister (die nach dem Gesetz vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert, zugelassen sind) (die „OGA-Verwalter“), sofern diese mindestens eine der Funktionen (Registerstelle, NAV-Berechnung und Buchhaltung, Kundekommunikation) der OGA-Verwaltung ausüben. Diese drei Funktionen werden in dem Rundschreiben näher beschrieben und es obliegt jeder Entität, die es beabsichtigt als OGA-Verwalter tätig zu sein, zu prüfen, ob ihr dies nach den gesetzlichen Bestimmungen gestattet ist. Sofern ein Investmentfondsmanager sämtliche dieser Funktionen übertragen hat, unterliegt dieser nicht dem Rundschreiben. A contrario gilt natürlich, dass Verwalter die zumindest eine der angesprochenen OGA-Verwaltungstätigkeiten selbst ausüben, dem Rundschreiben unterfallen.

Anzumerken ist, dass die nicht regulierten OGA, d.h. die reservierten alternativen Investmentfonds (RAIF) und die gänzlich unregulierten alternativen Investmentfonds nach den Bestimmungen des Rundschreibens nicht in dessen Anwendungsbereich fallen. Da jedoch das Rundschreiben auf sämtliche OGA-Verwalter regulierter und nicht regulierten OGA Anwendung findet, sind die hier angesprochenen OGA bei Einbindung eines externen OGA-Verwalters indirekt betroffen, da der OGA-Verwalter den Bestimmungen des Rundschreibens unterfällt.

Mittels dieses Rundschreibens präzisiert die CSSF die Tätigkeit der OGA-Verwalter, indem es die Grundsätze einer soliden Geschäftsführung und die Anforderungen der CSSF an die interne Organisation und der guten Praxis darlegt. Das Rundschreiben gilt sowohl für OGA-Verwalter luxemburgischer als auch ausländischer OGA, unabhängig davon, ob diese reguliert sind oder nicht.

Unter anderem wird auch die Auslagerung von Tätigkeiten thematisiert. Es wird diesbezüglich klargestellt, dass die regulierten luxemburgischen OGA nur für sich selbst als OGA-Verwalter agieren können und keine OGA-Verwaltung für andere OGA anbieten bzw. erbringen dürfen. Hervorzuheben ist, dass in Übereinstimmung mit den sektoralen Rechtsvorschriften sowie den Bestimmungen des Rundschreibens die stets verantwortlich bleibenden OGA-Verwalter Tätigkeiten auslagern dürfen, wobei die Auslagerung von Informations- und Kommunikationstechnologie den sektoralen Rechtsvorschriften und nicht dem Rundschreiben unterliegen. Eine Auslagerung der Überwachung sowie die Due-Dilligence-Prüfung ist nicht zulässig.

Das Rundschreiben ist am 16. Mai 2022 in Kraft getreten und den OGA-Verwaltern, die sich noch nicht mit diesem befasst haben, sollten zeitnah ihre Konformität mit diesem prüfen. Diejenigen Entitäten die bereits zum 16. Mai 2022 als OGA-Verwalter tätig sind, bedürfen keiner Genehmigung und es wird ihnen die Zeit eingeräumt

(bis zum 30. Juni 2023) die Bestimmungen des Rundschreibens umzusetzen.


 Investments in virtuelle Vermögenswerte

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
Senior Associate  

Im Laufe des Jahresanfangs hat die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde (Commission de Surveillance du Secteur Financier, „CSSF“)ihre FAQs zu Investments in virtuelle Vermögenswerte durch Organismen für gemeinsame Anlagen („OGA“) („FAQ“) – letzte Version datierend von März 2022 – ergänzt und für mehr Klarheit gesorgt, wobei festzuhalten gilt, dass die FAQ bei der Definition von virtuellen Vermögenswerten auf das Gesetz vom 12. November 2004 zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, in seiner jeweils gültigen Fassung (das „Gesetz von 2004“), Bezug nimmt: „eine digitale Darstellung eines Wertes, einschließlich einer virtuellen Währung, die digital gehandelt oder übertragen werden kann und zu Zahlungs- oder Anlagezwecken verwendet werden kann, mit Ausnahme von virtuellen Vermögenswerten, die die Bedingungen von elektronischem Geld im Sinne von Artikel 1 Nummer 29 des Gesetzes vom 10. November 2009 über Zahlungsdienste in seiner geänderten Fassung erfüllen, und von virtuellen Vermögenswerten, die die Bedingungen von Finanzinstrumenten im Sinne von Artikel 1 Nummer 19 des Gesetzes vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert, erfüllen.“

Im FAQ wird somit festgehalten, dass sowohl Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren („OGAWs“) als auch alternative Investmentfonds („AIF“) direkt und/oder indirekt in virtuelle Vermögenswerte investieren dürfen, sofern es sich bei den Anlegern des jeweiligen OGAWs, respektive des jeweiligen AIFs nicht um Kleinanleger handelt. Ein alternativer Investmentfondsmanager („AIFM“), welcher einen in virtuelle Vermögenswerte investierenden AIF, ob reguliert oder unreguliert, verwaltet, muss besagter AIFM entsprechend vorab die hierfür erforderliche Genehmigung der CSSF einholen. Hierzu muss der AIFM unter anderem folgende Dokumente bei der CSSF einreichen:

  • Beschreibung des jeweiligen Projektes und der beteiligten Dienstleister des AIFs;
  • eine aktualisierte Risikomanagementpolitik des AIFMs, im Hinblick auf die Risiken in Bezug auf die Verwaltung von virtuellen Vermögenswerten;
  • etc.

Die CSSF geht dann im FAQ weiterhin auf die Frage ein, ob auch eine Verwahrstelle als solche für Investmentfonds agieren kann, welche direkt in virtuelle Vermögenswerte investieren. Die CSSF stellt im FAQ folgerichtig klar, dass die Verwahrstelle über die auf diese Anwendung findenden regulatorischen Bestimmungen hinaus, angemessene organisatorische Vorkehrungen zu treffen hat, um den spezifischen Risiken einer solchen Verwahrung von virtuellen Vermögenswerten gerecht zu werden.

Gleich dem AIFM, muss auch eine Verwahrstelle vorab eine Genehmigung der CSSF einholen, um als Verwahrstelle eines Investmentfonds, der in virtuelle Vermögenswerte investiert, fungieren zu dürfen. Bezüglich der Kreditinstitute, welche als Verwahrstelle fungieren, sei auf das „CSSF FAQ virtuelle Vermögenswerte – Kreditinstitute“ hingewiesen, welches wie das FAQ Anfang des Jahres ergänzt – letzte Version datierend von März 2022 – wurde.

Mithin wurde der Markt betreffend virtueller Vermögenswerte derart modernisiert, dass fortan solche direkten Projekte auch seitens der Dienstleister akzeptiert werden können – welche vorab der Neuerung / Ergänzung der CSSF FAQs solchen Projekten noch im Wege stand.


 Aussicht in Bezug auf Nachhaltigkeitsvoraussetzungen

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
Senior Associate  

Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Drei der uns seit Jahren im alltäglichen Leben begleitenden Wörter fanden spätestens mit der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (die “Offenlegungsverordnung”), wie abgeändert durch die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Offenlegungsverordnung (die „Taxonomieverordnung“) Einzug in die Finanz- und Fondswelt. Im Fondsbereich hauptsächlich dahingehend, dass Investmentfonds durch die beiden vorgenannten Verordnungen, dazu verpflichtet werden, die Einbeziehung der Nachhaltigkeitsrisiken (d.h. die ESG-Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) darzulegen.

Ausweislich einer von der Vereinigung der luxemburgischen Fondsindustrie (Association of the Luxembourg Fund Industry, „ALFI“) in Auftrag gegebenen Studie (die „Studie“) hat das Nettovermögen in nachhaltigen Investmentfonds mit Sitz in Europa Ende 2021 fast die Marke der 2 Trillionen Euro erreicht, was, im Vergleich zu 2019, eine Verdreifachung darstellt. Gemäß der Studie sind auf europäischer Ebene etwa 44% des Nettovermögens in Investmentfonds investiert, die von ihren Verwaltern als Artikel 8 oder Artikel 9 gemäß der Taxonomieverordnung eingestuft wurden.

Das Ziel der Offenlegungsverordnung ist es einen Rahmen zu schaffen, gemäß (i) welchem auf europäischer Ebene festgelegt wird, welche Wirtschaftstätigkeiten, als „grün“ – sozusagen als nachhaltig – einzustufen sind. Hierbei werden in der Offenlegungsverordnung die folgenden Unterscheidungen getätigt:

  • Artikel 6 Investmentfonds: entsprechende Investmentfonds legen offen, ob und wie Nachhaltigkeitsrisiken im Investmentprozess berücksichtigt werden, streben jedoch keine Nachhaltigkeitsziele an und können als klassische Investmentfonds bezeichnet werden;
  • Artikel 8 Investmentfonds: entsprechende Investmentfonds weisen ökologische und/oder soziale Merkmale auf ohne jedoch schwerpunktmäßig nachhaltige Investitionen zu beabsichtigen; und
  • Artikel 9 Investmentfonds: entsprechende Investmentfonds haben nachhaltige Anlagen zum Hauptziel, unter der Voraussetzung, dass die Anlage keinem ökologischen oder sozialem Ziel erheblich schadet.

Es sei darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission für die Anwendung der zweiten Stufe der technischen Regulierungsstandards (RTS) in Bezug auf die Offenlegungsverordnung vom 1. Januar 2022 nunmehr auf den 1. Januar 2023 verschoben hat, um die Umsetzung der RTS zu vereinfachen und den betroffenen Unternehmen / Investmentfonds bei der Umsetzung der Anforderungen aus den RTS mehr Zeit zu geben. Am 6. April 2022 hatte die EU-Kommission mit einer delegierten Verordnung bezüglich der Offenlegungsverordnung dann aber noch die gebündelten RTS veröffentlicht (die „Delegierte Verordnung“), welche unter anderem folgende Punkte weiter ausgeführt haben unter der Offenlegungsverordnung:

  • Richtlinien, inwiefern Artikel 8 und Artikel 9 Investmentfonds die entsprechenden Daten auf deren Internetseite veröffentlichen sollten;
  • Offenlegungspflichten bezüglich der wichtigsten negativen Auswirkungen (principal adverse impacts);
  • etc.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die Veröffentlichung von Seiten der ESA (European Supervisory Authorities) vom 4. Februar 2021 hingewiesen, in der diese auch auf die RTS eingehen und nochmals klarstellen, , dass im Hinblick auf die Berechnungen, die im Rahmen der Berichterstattung über die wichtigsten negativen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen gemäß Artikel 4 Absätze 1 bis 5 der Offenlegungsverordnung vorzunehmen sind, alle Investitionen, sowohl direkte als auch indirekte (was Investitionen in z.B. Investmentfonds und Dachfonds einschließt), in diese Berechnungen einbezogen werden sollten. Dies umfasst Investitionen in Vermögenswerte wie Aktien und Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, privates Beteiligungskapital, supranationale Einrichtungen, Infrastruktur und Immobilien.

Wir weisen Sie schlussendlich gerne darauf hin, dass die ESMA (European Securities Market Authority) vom

27. Januar 2022 bis zum 27. April 2022 eine Konsultation bezüglich der Richtlinien zur Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, wie abgeändert („MiFID II“) durchgeführt hat. Die ESMA schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass hierbei die Nachhaltigkeitsziele bei der Bewertung des Zielmarktes in Betracht gezogen werden sollten.

Weiterhin weisen wir Sie gerne darauf hin, dass nach der Delegierten Verordnung (EU) 2021/1253 der Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 im Hinblick auf die Einbeziehung von
Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in bestimmte organisatorische Anforderungen
und Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen, die hierunter betroffenen Entitäten bis zum 2. August 2022 Zeit hatten, um die Vorschriften der Delegierten Verordnung 2021 einzuhalten. Die Entitäten müssen dabei die Nachhaltigkeitsrisiken insbesondere (i) bei der Festlegung und Umsetzung von Entscheidungsverfahren, Risikomanagement, internen Kontrollmechanismen und interner Berichterstattung sowie (ii) bei der Aufzeichnung von Einzelheiten ihrer Tätigkeiten und internen Organisation berücksichtigen und (iii) zu jeder Zeit sicherstellen, dass intern, die zur Durchsetzung der Punkte (i) und (ii), gegebene Kompetenz in der Entität vorhanden ist.

Wir weisen Sie gerne noch darauf hin, dass die folgenden Rechtsakte bereits Anwendung finden und folglich zu berücksichtigen sind bzw. dies zeitnah der Fall sein wird:

  • die Delegierte Richtlinie (EU) 2021/1269 der EU-Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Delegierten Richtlinie (EU) 2017/593 durch Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Produktüberwachungspflichten, ist ab dem 22. November 2022 anzuwenden;
  • die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1255 der EU-Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 im Hinblick auf die von den Verwaltern alternativer Investmentfonds zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsrisiken und -faktoren, ist seit dem 1. August 2022 anzuwenden; und
  • die Delegierte Richtlinie (EU) 2021/1270 der EU-Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Richtlinie 2010/43/EU in Bezug auf die von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsrisiken und -faktoren, ist seit dem 1. August 2022 anzuwenden.

Da die Entitäten der Aufsicht der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden – in Luxemburg der CSSF – unterliegen, sind die oben angesprochenen Bestimmungen zwingend einzuhalten, da die CSSF unter anderem befugt ist sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen eingehalten werden, von einfachen Verwaltungssanktionen bis hin zur Entziehung der Zulassung und gegebenenfalls auch die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden einschalten können.

Schlussendlich, weisen wir Sie noch darauf hin, dass die Delegierte Verordnung (EU) 2022/1214 der EU-Kommission 9. März 2022 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 in Bezug auf Wirtschaftstätigkeiten in bestimmten Energiesektoren und der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 in Bezug auf besondere Offenlegungspflichten für diese Wirtschaftstätigkeiten, welche ab dem 1. Januar 2023 Anwendung finden wird, Auswirkungen auf die RTS haben wird, diese Auswirkungen aber bisher noch nicht festgehalten wurden, sondern die europäischen Aufsichtsbehörden ihre diesbezüglichen Anmerkungen bis spätestens 30. September 2022 einreichen müssen.

Die Klimathematik wird uns auch die kommenden Jahre nicht loslassen. Im Gegenteil. Es gilt sich nunmehr auf die RTS zu fokussieren und die Umsetzung dieser bis Anfang nächsten Jahres umzusetzen und die Investmentfonds entsprechend zu klassifizieren. In Ihrer Mitteilung vom 27. Juli 2022 hat die luxemburgische Finanzaufsichtsbehörde (Commission de Surveillance du Secteur Financier, „CSSF“) mitgeteilt, dass Unterlagen von Investmentfonds bezüglich der Abänderungen im Sinne der RTS, welche bis zum 31. Oktober 2022, bei der CSSF eingehen, die CSSF sich bemühen wird, den Visumsstempel vor dem 31. Dezember 2022 zu erteilen.


Crowdfunding, eine alternative Finanzierungsmöglichkeit?

Mevlüde-Aysun TOKBAG
Partner, Head of German Desk  
Fabian FRANKUS
Senior Associate  
Garry REULAND
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In den letzten Jahren hat sich die Welt des Crowdfunding (auch bekannt als Schwarmfinanzierung) als alternative Finanzierungsmöglichkeit für Projekte/Vorhaben, verstanden im weitest möglichen Sinne, einem immer größerem Publikum erschlossen und an Beliebtheit gewonnen. So wurde die erste Crowdfunding-Plattform in Luxemburg bereits vor mehreren Jahren aufgesetzt und eine Vielzahl an Personen, hierunter auch juristische Personen, nutzen diese Finanzierungsmöglichkeit, vor allen Dingen dann, wenn der Zugang zu klassischen Finanzierungsformen als „schwierig“ anzusehen ist.

Beim Crowdfunding handelt es sich, grob zusammengefasst, um eine Möglichkeit für ein bestimmtes Projekt die Finanzierung über eine Vielzahl an Personen (in der Regel über kleinere Beträge), üblicherweise über eine internetbasierte Plattform, auf der Projektträger und das Projekt vorgestellt werden, einzusammeln. Von Bedeutung ist in dieser Dreierkonstellation bestehend aus dem Projektträger, Geldgebern und Plattformbetreiber, dass der Plattformbetreiber (in der Regeln) nicht unentgeltlich tätig ist (da dieser zumindest dien eigenen Kosten decken muss) und mithin wirtschaftliche Interessen verfolgt und die Plattformen grundsätzlich sämtlichen Arten an Geldgebern zugänglich sind und somit auch keine Beschränkung der Finanzierung durch bestimmte Anlegerklassen bestehen. Obwohl es sich beim Crowdfunding offensichtlich auch um eine Finanzierungsmöglichkeit diverser Projekte und Unternehmen handelt erfolgten lange Zeit Regelungen ausschließlich auf nationaler Ebene.

Daher war die Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (die „Verordnung“), die seit dem 10. November 2021 in allen Mitgliedsstaaten gilt und keiner Umsetzung in nationales Recht bedarf, zu begrüßen.

Die Verordnung war notwendig geworden, da sich das Crowdfunding wie bereits oben angeführt, zunehmend als alternative Finanzierungsform für neu gegründete sowie kleine und mittlere Unternehmen etabliert hatte. Durch die Verordnung erfolgte daher, zumindest in Bezug auf die in ihren Anwendungsbereich fallenden Akteure und Dienstleistungen eine Harmonisierung des europäischen Marktes. Die Verordnung legt für den EU-Markt einheitliche Anforderungen an die Erbringung der Crowdfunding-Dienstleistungen, an die Organisation, Zulassung und Beaufsichtigung von Crowdfunding-Dienstleistern, an den Betrieb der Crowdfunding-Plattformen sowie an Transparenz und Marketingmitteilungen in Bezug auf die Erbringung von Crowdfunding-Dienstleistungen fest. Demnach stehen die Crowdfunding-Dienstleister im Mittelpunkt der Bestimmungen der Verordnung.

Vorliegend ist es wesentlich zu prüfen, ob der Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet ist, da es unterschiedliche „Arten“ des Crowdfunding (spendenbasiert, kreditbasiert, investitionsbasiert, belohnungsbasiert etc.) gibt und nicht jede Art des Crowdfunding in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Die Verordnung gilt nur für das kredit- und anlagebasierte Crowdfunding. Weiter von Bedeutung ist es, dass bezogen auf das kreditbasierte Crowdfunding, nur Kredite mit einer unbedingten Rückzahlungsverpflichtung in den Anwendungsbereich fallen. Mithin sind Nachrangdarlehen nicht erfasst. Weiter findet die Verordnung nur für Crowdfunding-Dienstleistungen bei denen der Projektträger nicht als Verbraucher qualifiziert und für Angebote mit einem über einen Zeitraum von 12 Monaten zu berechnenden Gegenwert von bis zu 5.000.000 Euro pro Projektträger Anwendung.

Durch die Verordnung werden die Crowdfunding-Dienstleister – im Fall der Anwendbarkeit selbiger –  in die Pflicht genommen und es wurden auch Bestimmungen zum Schutz der Anleger festgeschrieben. So sind die Crowdfunding-Dienstleister, unter anderem, dazu verpflichtet den potentiellen Anlegern ein Anlagebasisinformationsblatt mit sämtlichen in Artikel 23 der Verordnung genannten Information bereitzustellen.

Nach der Verordnung ist für die Erbringung von Crowdfunding-Dienstleistungen die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, eine Zulassung als Crowdfunding-Dienstleister durch die nationale Aufsichtsbehörde, vorliegend die CSSF, erforderlich, die auch mit der Überwachung der Einhaltung der Verordnung beauftragt ist. Daher sollte jeder Crowdfunding-Dienstleister prüfen, ob er eine solche Genehmigung benötigt. Darüber hinaus sollte natürlich – bei Nicht-Anwendbarkeit der Verordnung – geprüft werden, ob die konkrete Tätigkeit eines Crowdfunding-Dienstleisters in den Anwendungsbereich des Gesetzes vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert, fällt.


 Unser GERMAN DESK

Der German Desk ist ein Team aus Mitgliedern verschiedener Praxisgruppen und berät speziell unsere Mandanten der D-A-CH Region umfassend in allen für ihre private sowie geschäftliche Tätigkeit relevanten Bereichen des luxemburgischen Rechts. Alle unsere Rechtsanwälte verfügen über mehrjährige Erfahrung in der Rechtsberatung in Luxemburg und/oder in der D-A-CH Region und sind auch bei der Rechtsanwaltskammer Luxemburg (Barreau de Luxembourg) zugelassen.

Gerade bei grenzüberschreitenden Projekten, bei denen zunehmend auch die immer stärker werdende Regulierung auf europäischer Ebene von Bedeutung ist, können wir unsere Mandanten optimal in ihrer eigenen Sprache und mit Kenntnis der Geschäftsgepflogenheiten und Unternehmenskultur betreuen.

Hierzu gehören insbesondere, aber nicht ausschließlich, Thematiken, die gerade bei grenzüberschreitenden Aktivitäten von Bedeutung sind. Rechtliche und regulatorische Gegebenheiten aus den verschiedenen Ländern werden nicht erst im laufenden Projekt erkannt, sondern im Vorfeld proaktiv analysiert und fließen somit unmittelbar in die Rechtsberatung mit ein. So ist sichergestellt, dass grenzüberschreitende, deutschsprachige Projekte unseres German Desk reibungslos und im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen durchgeführt und zum Abschluss gebracht werden. Die Interessen des Mandanten werden hierbei stets in den Vordergrund gestellt. Die Aufsetzung etwaiger Transaktionsdokumente kann auf Anfrage ohne Mehraufwand und unproblematisch in deutscher Sprache erfolgen.

Da unsere unmittelbare Beratung aus berufsstandesrechtlichen Vorschriften ausschließlich im luxemburgischen Recht erfolgen kann, verfügen wir zur Betreuung unserer Kunden in internationalen Transaktionen über ein weltweit bestehendes unabhängiges Netzwerk von mehr als 11.000 Experten in 100 Ländern (u.a. Multilaw), welche bei Bedarf involviert werden können.

Der Schwerpunkt des German Desk ist auf den Investmentfondsbereich für institutionelle Anleger und Initiatoren aus der D-A-CH Region konzentriert. Hier insbesondere berät das Team erfolgreich in der Strukturierung, dem Aufbau, der Anlage in und der Beratung von insb. alternativen Strukturen. Nicht zu vernachlässigen aber ist auch die Thematik rund um die Strukturierung des Familienvermögens (inkl. Vermögensnachfolge, Pro-Bono, Optimierung von Unternehmenseinheiten). Grenzüberschreitend sind wir ferner sehr aktiv im Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht.

Über das eigentliche Mandat hinaus, informiert unser German Desk regelmäßig über rechtliche und regulatorische Neuerungen durch Rundschreiben in deutscher Sprache, hält Vorträge auf Veranstaltungen, organisiert Diskussionsrunden zu aktuellen Themen und engagiert sich aktiv in den diversen Vereinigungen der Fonds- und Finanzbranche der D-A-CH Region.


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[1]     Die Entscheidungen der CNPD sind unter folgendem Link abrufbar : https://cnpd.public.lu/fr/decisions-sanctions.html.

[2]     Verordnung (EU) 2016/679 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG.

[3]     Fanny MAZEAUD, op. cit., Rn.113, Seite 103.

[4]     Friedensgericht Luxemburg, 5. November 2019, Nr. 3269/19, zitiert von Fanny MAZEAUD, op. cit., Rn. 133, Seite 112.

[5]     Fanny MAZEAUD, Manuel du contrat de bail en droit luxembourgeois, §133, Seite 112 und 113.

[6]     Nach dem alten Gesetz hat jeder Mieter einer Gewerbeimmobilie, der er selbst oder seine Rechtsnachfolger dort ein Geschäft betreiben, das Recht, die Erneuerung seines Mietvertrags vor jeder anderen Person zu erhalten. Dieses Recht auf bevorzugte Verlängerung, das es dem Mieter ermöglicht, bei Ablauf des gewerblichen Mietvertrags dessen Verlängerung zu verlangen, wird ab dem dritten Jahr der tatsächlichen Nutzung des Geschäfts bis zum fünfzehnten Jahr des Mietvertrags gewährt. Nach Ablauf dieser Frist konnte sich der Mieter nicht mehr auf ein Recht auf Verlängerung seines Mietvertrags berufen.

[7]     Bezirksgericht Luxemburg, 14. Januar 2020, Nr. TAL-2019-05523, zitiert von Fanny Mazeaud, op. cit., Rn. 134, Seite 113.

[8]     Fanny Mazeaud, op. cit., Rn. 140, Seite 116.

[9]     Fanny Mazeaud, op. cit., Rn. 139, Seite 115.

[10]     Fanny Mazeaud, op. cit., Rn. 139, Seite 116.

[11]     Fanny Mazeaud, op. cit., Rn. 139, Seite 116.