Die Luxemburger Investmentfondswelt im positiven Wandel – Anpassung der sektoralen Gesetze an die Bedürfnisse der Praxis

Am 24. März 2023 wurde der Gesetzesentwurf 8183 zur Änderung der Luxemburger Investmentfonds-Produktgesetze, also
  1. des  Gesetzes  vom  15.  Juni  2004  über  Investmentgesellschaften  in  Risikokapital,  wie abgeändert („SICAR“; „Gesetz von 2004“),
  2. des Gesetzes vom 13. Februar 2007 über Spezialfonds, wie abgeändert („SIF“; „Gesetz von 2007“),
  3. des Gesetzes vom 17. Dezember 2010 über Organismen für gemeinsame Anlagen, wie abgeändert („OGA“; „Gesetz von 2010“),
  4. des  Gesetzes  vom  12.  Juli  2013  über  Verwalter  alternativer  Investmentfonds,  wie abgeändert („AIFM“; „Gesetz von 2013“) und
  5. des  Gesetzes  vom  23.  Juli  2016  über  reservierte  alternative  Investmentfonds,  wie abgeändert („RAIF“; „Gesetz von 2016“)

veröffentlicht (der „Gesetzentwurf“).

Ziel des Gesetzentwurfs, der in engem  Dialog mit  den zuständigen Behörden und Vertretern der luxemburgischen Investmentfondsbranche ausgearbeitet wurde, ist es, die luxemburgische Toolbox für Investmentfonds zu verbessern, zu modernisieren und dadurch die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Luxemburgs noch weiter zu erhöhen.

Bekanntermaßen ist Luxemburg einer der bedeutendsten Investmentfondsstandorte der Welt und der europäische Standort für Investmentfonds schlechthin. In Bezug auf insbesondere, aber nicht nur, Investoren und Initiatoren aus der D-A-CH Region, ist der erste Platz unumstritten. Doch von Nichts kommt Nichts! Die bestehende und unbestrittene EU-Vormachtstellung bzw. die weltweite Bedeutung des „kleinen“ Großherzogtums ist das Ergebnis jahrzehntelanger harter Arbeit, der engen und guten Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure sowie des luxemburgischen Pragmatismus.

Doch die Investmentfondsindustrie unterliegt seit einigen Jahren einer strenger werdenden nationalen und insbesondere internationalen Regulierung und wurde auch aufgrund der stetig wachsenden globalen Herausforderungen (Klimawandel, Demografie, Kriege etc.) in die Pflicht genommen. So ist es heute neben der Renditenerzielung fast, wenn nicht sogar genauso wichtig, Themen wie ESG usw. zu berücksichtigen bzw. entsprechend zu gewichten.

In diesem Spannungsfeld der Anforderungen, Wünsche und Zwänge ist es beruhigend festzustellen, dass es Luxemburg als eminent wichtig einstuft, sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen, sondern kontinuierlich daran arbeitet, die hiesige Toolbox proaktiv anzupassen und weiterhin attraktiv zu gestalten.

Mit dem Gesetzesentwurf werden daher nun Vorschläge zur Anpassung der fünf sektoralen Gesetze, die derzeit die luxemburgischen Investmentfonds oder deren Verwalter regulieren, in die parlamentarische Debatte eingeführt, wobei in dem Gesetzesentwurf der Wille zur Harmonisierung und Kohärenz zwischen diesen Gesetzen heraussticht.

Den Ergebnissen bzw. dem finalen Gesetz sehen wir bereits mit Spannung entgegen.

In der gebotenen Kürze machen wir Sie daher nun gerne auf einige der in dem Gesetzesentwurf enthaltenen, materiellen Vorschläge aufmerksam:

AIFM, Gesetz von 2013

Der Gesetzesentwurf stellt zunächst klar, dass über die Teil II-OGA hinaus auch SICARs und SIFs in Luxemburg an Kleinanleger vertrieben werden können.

Von Interesse für eine Vielzahl an AIFM dürfte dann auch der Vorschlag zur Anpassung des Gesetzes von 2013 an das Gesetz von 2010, in Bezug auf die vertraglich gebundenen Vermittler i.S.d. Artikels 1 Nr.1 des Gesetzes vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert („Gesetz von 1993“), durch Einfügung eines neuen Artikels 18bis, sein. Hiernach sollen auch AIFM – so wie dies bereits für die Kapitel 15 Verwaltungsgesellschaften der Fall ist – auf diese gebundenen Vermittler zurückgreifen dürfen (Stichwort: tied agent).

SICAR, SIF, Teil II-OGA und RAIF; Gesetz von 2004, 2007, 2010 und 2016

Eine der wesentlichen Änderungen, die das angesprochene Bestreben nach Harmonisierung und Kohärenz (auch in Bezug auf EU-Bestimmungen bzw. Praxis) spiegelt, ist die für diese Gesetze vorgeschlagene Anpassung der Kriterien zur Definition des sog. sachkundigen Investors. So ist es vorgesehen für diejenigen Investoren, die nicht per se als solche gelten (institutionelle und professionelle Investoren), den Mindestinvestitionsbetrag von derzeit EUR 125.000 auf EUR 100.000 herabzusetzen.

Ein weiterer, äußerst bedeutender Vorschlag ist sodann die Verlängerung der Anlaufphase, in der die Mindestkapitalisierung erreicht werden muss, auf 24 Monate für SICAR, SIF und RAIF und auf 12 Monate für Teil II-OGA, deren Beschluss sicherlich einer Vielzahl an Akteuren entgegenkommen würde.

Darüber hinaus weitet der Gesetzentwurf das System der außergerichtlichen Liquidation (liquidation non judiciare), das derzeit für OGA nach dem Gesetz von 2010 gilt, auch auf AIFM aus und beinhaltet diesbezüglich auch Vorschläge zur Anpassung des Systems des sog. Aufsichtskommissars (commissaire de surveillance).

RAIF, Gesetz von 2016

Nach derzeitiger Gesetzeslage bedürfen RAIFs, die in einer Rechtsform errichtet werden, die die Einbindung eines Notars erfordert, zwei notarielle Urkunden: Die Gründungsurkunde und dann zusätzlich die binnen 5-Tages-Frist zu erstellende Urkunde zur Feststellung der Errichtung des RAIF. Nunmehr ist es beabsichtigt, dass nur noch die RAIFs, die nicht schon unter Einbindung eines Notars gegründet wurden, eine solche separate Feststellungsurkunde benötigen, so dass hier Zeit und Kosten eingespart werden können.

Gesetz von 2004 / Gesetz von 2007

Im Rahmen des Gesetzesentwurfs werden dann weitere Vorschläge unterbreitet, die unter der Überschrift „Harmonisierung“, d.h. der Anpassung des Gesetzes von 2004 an das Gesetz von 2007, zusammengefasst werden können. So ist es beispielsweise vorgesehen, dass die Bestimmung zur Übertragung von Aufgaben, so wie diese für SIFs gelten, auch auf SICARs übertragen werden.

OGA, Gesetz von 2010

Schlussendlich ist erwähnenswert: Die Ausgabe und der Rückkauf von Anteilen an Investmentgesellschaften mit variablem Kapital (société d'investissement à capital variable, „SICAV“) sollen in den Zeiträumen verboten werden, in denen diese keine Verwahrstellen haben und in den Fällen der Liquidation, der Konkurserklärung, des Antrags auf Eröffnung eines Vergleichsverfahrens, des Zahlungsaufschubs, der Zwangsverwaltung oder in einer ähnlichen gegen die Verwahrstelle gerichteten Maßnahme.

Auch sollen die SICAVs nach Teil II des Gesetzes von 2010 neben der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nun auch die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Kommanditgesellschaft, einer Spezialkommanditgesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft, die als Aktiengesellschaft organisiert ist, annehmen können.

Die geschlossenen Teil II OGA sollen in Zukunft ferner Anteile/Aktien gemäß den in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag festgelegten Bedingungen und Verfahren ausgeben/zurücknehmen können.

Weiter wird dann noch vorgeschlagen, dass das Eigenkapital einer Kapitel 16 Verwaltungsgesellschaft nicht unter EUR 125.000 oder den ggfs. mittels CSSF-Verordnung festgelegten Betrages fallen darf.